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MWST-Senkung verlängern!

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich viel versprochen von seinem Herzstück der Staatshilfen gegen die Corona-Krise: Seit dem 1. Juli beträgt die Mehrwertsteuer ein halbes Jahr lang nur noch 16 statt bisher 19 Prozent. Der ermäßigte Steuersatz ist von sieben auf fünf Prozent gesunken. 24 Milliarden Euro wird das kosten: Geld, das die Verbraucher umgehend ausgeben und damit der Konjunktur den dringend benötigten Schub geben sollen.

Doch kein Händler ist verpflichtet, die Mehrwertsteuersenkung auch an seine Kunden weiterzugeben, und viele haben es auch nicht getan. Hotels, Restaurants und Kneipen zum Beispiel haben unter der Corona-Krise so stark gelitten, dass sie das Geld zum Überleben brauchen. Kleine Läden und Online-Händler sind ebenfalls kaum mit den Preisen heruntergegangen. Das mindert den Effekt der Steuersenkung. Besser sieht es aus bei teuren Anschaffungen wie Möbeln oder Autos. Diese sind oft wirklich mehrere hundert Euro billiger zu haben.

Nach nur einem Monat sind konkrete Zahlen noch rar. Der Einzelhandelsverband HDE hat eine Umfrage unter 500 Mitgliedsunternehmen gemacht, wie ihre Geschäfte laufen. Die große Mehrheit kommt derzeit immer noch nur auf 75 Prozent der Umsätze aus dem vergangenen Jahr. Mehr als jeder vierte Händler ist danach von der Pleite bedroht. Nur 13 Prozent sehen eine positiven Effekt durch die Mehrwertsteuersenkung vor allem bei Möbeln, Elektronik und Schmuck.

Bisher hatte die Mehrwertsteuersenkung vor allem einen psychologischen Effekt: Die Bereitschaft der Verbraucher, teure Sachen zu kaufen, ist gestiegen. Das haben die Konsumforscher der GfK in ihrem jüngsten Konsumklima-Index herausgefunden. Die Anschaffungsneigung ist danach bereits fast wieder so groß wie im vergangenen Jahr. Aber das führt nicht unbedingt dazu, dass die Menschen in Scharen in die Läden stürmen und ihr Geld auch tatsächlich ausgeben.

Derzeit ist immer noch unklar, ob es eine zweite Infektionswelle geben wird. Experten warnen vor einer möglichen Pleitewelle von Unternehmen im Herbst, die viele Jobs kosten könnte. Die Unsicherheit bleibt groß, und das bringt die Leute dazu, ihr Geld eher zusammenzuhalten statt teure Anschaffungen zu tätigen.

Das könnte sich in den nächsten Monaten aber noch ändern, wenn etwas klarer ist, was die Zukunft bringt. Dann dürften die Verbraucher allerdings auch eher Autos oder Möbel kaufen, die sie sich ohnehin bereits zulegen wollten, und den Kauf einfach vorziehen. Im Januar droht dann der Einbruch, wenn die Mehrwertsteuer wieder steigt. Die Konsumforscher sprechen von einer Mehrwertsteuerblase.

Der Handel hat daher bereits gefordert, die Mehrwertsteuer länger zu senken, über den 31. Dezember hinaus. Sein Argument: Alle Kassen mussten umprogrammiert werden. Damit könnten die Verwaltungskosten höher sein als die positiven Effekte der Mehrwertsteuersenkung.

Der Bundesfinanzminister hat diese Forderung allerdings umgehend zurückgewiesen. Scholz will mit der Befristung erreichen, dass die Verbraucher jetzt kaufen, weil die Wirtschaft jetzt den erhofften Schub braucht. Werde die Mehrwertsteuer länger gesenkt, könnten die Anschaffungen auf die lange Bank geschoben werden, der Effekt werde "konterkariert".

Ob der gewollte Effekt tatsächlich eintritt, ist allerdings alles andere als sicher. Der erhoffte "Wumms" für die Konjunktur, wie Scholz es ausgedrückt hat, ist bisher jedenfalls ausgeblieben.