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Midora: Im Zeichen von Corona

Diamantbericht...Vom 5. bis 7. September fand in Leipzig wieder die Doppelmesse MIDORA und CADEAUX statt. Und das trotz einer drohenden zweiten Infektionswelle und im Schatten der großen Messen wie Baselworld, JCK/Las Vegas oder der HKTDC/Hong Kong, die sämtliche Veranstaltungen dieses Jahr abgesagt hatten. War das angesichts der wieder ansteigenden Infektionszahlen zu verantworten? Wenn überhaupt, dann nur unter strikten Hygienebedingungen. Doch trotz all dieser Widrigkeiten vermeldet die Messeleitung dieses Jahr gut 7.700 Fachbesucher. Wir haben mit Andreas Filius (60), Filius Zeitdesign GmbH & Co KG/33607 Bielefeld, gesprochen, der als Aussteller vor Ort war.

DB: Herr Filius, wie war die allgemeine Stimmung auf der Messe?

Andreas Filius: „Im Vorfeld gab es zwar eher gedämpfte Erwartungen, was die Messe angeht. Aber dennoch waren alle happy, mal wieder unter Leute zu gehen. Die Händler sind schon Monate lang in den Läden eingeigelt, haben weniger Kontakt zur Lieferantenseite, da weniger Vertreter unterwegs sind. In Leipzig war die Motivation hinzugehen gut, weil die Gänge dort sehr breit sind. Insgesamt ist die Besucherzahl in Corona-Zeiten aber dennoch zurückgegangen.

DB: Wie haben sich denn die Abschlüsse entwickelt?

AF: Gefühlt war ich vor der Auswertung der Zahlen nicht ganz zufrieden. Es stellte sich allerdings heraus, dass wir unser Vorjahresergebnis nicht nur erreicht, sondern sogar noch leicht übertroffen haben und darüber hinaus auch noch einige Neukunden gewinnen konnten. Zwar war der Sonntagnachmittag etwas schwach und der Montag ist gefühlt schon der Abbautag, dennoch lief es trotz der geringeren Besucherzahl ganz ordentlich.

DB: Welche Neuheiten haben Sie in petto?

AF: Wir haben viel neues bei Regent, zum Beispiel den Animal Print mit Fellzeichnungen auf den Uhren, sowie eine weiße Linie, die bei den Händlern sehr gut ankam. Auch bei unserer Linie Danish Design haben wir einige neue Modelle vorgestellt, die der stationäre Handel in von uns bereitgestellten neuen Displays und Mini-Schaufenstern präsentieren kann. Schließlich haben wir mit unserer Premium-Marke Almanus neue mechanische Modelle „Made in Germany“ und mit Schweizer ETA-Uhrwerk vorgestellt.

DB: Wie schätzen sie die Stimmung im Handel ein?

AF: Der Handel ist generell eher vorsichtig, es wird nicht mehr so viel experimentiert, sondern die Einkäufer wenden sich an ihre traditionellen, etablierten Lieferanten wie uns, nicht mehr so an die Newcomer. Es war nicht himmelhochjauchzend, aber die Messe hat sich für uns gerechnet. Allerdings gab es auch Frustmomente, zum Beispiel am Sonntagnachmittag, so ab 15 Uhr waren die Gänge menschenleer. Das war ungewöhnlich, weil Sonntag sonst der wichtigste Tag ist.

DB: Waren denn viele Aussteller vor Ort oder gab es auch Absagen?

AF: Firmen wie Festina, Jacques Lemans, M&M und Vostok waren zum Beispiel nicht da, was schade ist, weil wir es wichtig finden, dass auch die Mitbewerber zahlreich präsent sind. Denn je mehr Aussteller kommen, desto mehr Publikum ziehen sie an. Aber die Midora fand in diesem Jahr zeitgleich mit der Nordstil und der von der GZ veranstalteten The Show statt. Da konnten nicht alle parallel alle Messen bedienen. Soweit ich weiß, haben allein in Leipzig deswegen 25 Aussteller abgesagt.“

DB: Wie war die Organisation vor Ort?

AF: Es war alles ganz gut organisiert, und man muss der Messe trotz der geringeren Besucherzahlen zugutehalten, dass es in Leipzig ja kurz vorher Krawalle gegeben hatte und eben zwei parallele Messen stattfanden. Was ich aber gut fände, wäre, wenn man ein Voll-Catering wie auf der Inova anbieten würde. Denn dann kann man sich ganz auf die Kunden und die Gespräche konzentrieren. Vielleicht sollte man die Messe auch auf zwei Tage verkürzen, bis Sonntagnachmittag sollte eigentlich reichen. Denn sonst verliert man nochmal einen ganzen Arbeitstag, obwohl am Montag eigentlich nichts mehr läuft.

DB: Gab es besondere Schutzmaßnahmen wegen Corona?

AF: Es wurden dieses Jahr zwei Hallen belegt wegen der Abstände. Vielleicht sah es auch deswegen so aus, als ob weniger Besucher da waren. Die Messe hat die Hygieneanforderungen gut im Griff gehabt, aber die sind den meisten Einzelhändlern ja aus ihren eigenen Läden wohlbekannt.

DB: Wie ist die Stimmung in der Branche momentan?

AF: Manche haben gesagt, so schlecht war das Geschäft über den Sommer gar nicht, es war sogar ganz okay. Vielleicht nicht gerade in den großen Innenstädten, sondern viel mehr in den Regionen vor Ort, da dort die Leute nicht so viel Bus und Bahn fahren und auch nicht in einer Schlange stehen wollten. Viele Kollegen haben mir berichtet, dass sie in den vergangenen Monaten durchaus eine Stärkung des stationären Handels gesehen haben, auch aufgrund von Service- und Reparaturleistungen. Oft haben in der Krise gerade die kleinen Städte zwischen zehn- und dreißigtausend Einwohnern, wo es gerade nur einen Optiker, Uhrmacher oder Juwelier gibt, von der Situation profitiert. Da sind die Leute nicht mehr so ausgeschwärmt. Große Einkaufszentren haben allerdings mehr Probleme.“

DB: In welcher Lage befindet sich die Uhrenbranche aufgrund der Corona-Pandemie?

AF: Die Luxusuhrenindustrie leidet schon sehr unter Corona, und das nicht nur im stationären Bereich. Auch der Onlinehandel mit Uhren hat unter der Krise etwas gelitten. Unser Unternehmen bedient glücklicherweise eher konsumentenfreundliche Regionen mit einer breiten Zielgruppe, und das läuft durchaus gut. Der periodische Bedarf wird recht gut vom Handel abgedeckt.

DB: Können Sie eine Prognose zum Weihnachtsgeschäft abgeben?

AF: Das ist recht schwierig. Die Angst vor weiteren Einschränkungen wegen Corona ist natürlich da. Was den Trend beim Weihnachtsgeschäft angeht, ist das die große, nebulöse Frage: Viele sind jedoch der Meinung, dass die Leute weniger in den Urlaub gefahren und nicht mehr so oft Essen gegangen sind, und es von daher sogar besser laufen könnte. Auch war das Kurzarbeitergeld letztlich recht auskömmlich. Zudem haben die Leute viel Zeit zum Surfen im Internet und schauen sich viel Schmuck und Uhren an. Dennoch wollen sie nicht alles nur online kaufen, sondern die Sachen vorher auch mal „live“ sehen.

DB: Also ist das Weihnachtsgeschäft ein Silberstreif am Horizont?

AF: Ich wage darüber noch kein Urteil abzugeben. Wir arbeiten momentan von Monat zu Monat und können noch keine Prognose stellen. Es kommt stark auf die allgemeine wirtschaftliche Lage an: Eventbranche, Hotels, Messe, Catering, aber auch Betriebe in Kurzarbeit, sie alle haben stark gelitten. Die Gretchenfrage ist: Wie geht es dort weiter, müssen die noch entlassen oder kommen sie so durch? Davon hängt vieles ab.

DB: Herr Filius, haben Sie vielen Dank für das interessante Gespräch.