Russland ist einer der wichtigsten Diamantenproduzenten. Aufgrund der westlichen Sanktionen gibt es nun Engpässe bei Rohdiamanten – was zur Umgehung reizt.

Die Preise für Rohdiamanten sind teilweise sprunghaft gestiegen. So ist der Preis für einen kleinen Rohdiamanten, der in einem Ring um den Solitärstein herum angeordnet wird, seit Anfang März um etwa 20 Prozent geklettert, wie die Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) schreibt.

Preistreibend wirken Lieferkettenprobleme und westliche Sanktionen gegen Russland. Denn Diamantenverarbeiter und -händler haben Schwierigkeiten, die Edelsteine zu beschaffen, nachdem die USA Sanktionen gegen Alrosa PJSC verhängt haben. Auf die russische Diamantengruppe entfällt etwa ein Drittel der weltweiten Produktion.

Tempi passati

In der Vergangenheit habe bei Engpässen jeweils der südafrikanische Minenkonzern De Beers seine riesigen Lagerbestände angezapft oder seine Abbaukapazität erhöht, heisst es weiter. Vor etwas mehr als 20 Jahren beispielsweise hätten in den Londoner Tresoren des Unternehmens noch Diamanten im Wert von vielleicht 5 Milliarden Dollar gelagert.

Diese Zeiten seien aber lange vorbei. Das Unternehmen habe nur noch Arbeitsvorräte, und seine Minen laufen auf Hochtouren. Vor 2024 sei kaum mit einer wesentlichen Erhöhung des Angebots zu rechnen, wie CEO Bruce Cleaver in einem Interview erklärte.

De Beers produziert Bloomberg zufolge auch relativ wenig von der Art von Diamanten, auf die sich Alrosa spezialisiert hat: kleine und billige Edelsteine, die einen grösseren Mittelstein umgeben oder in billigerem Schmuck verwendet werden.

Rückverfolgung schwierig

Derweil machen sich Sorgen breit, dass Russlands Diamantenindustrie die Sanktionen umgehen kann, weil sich die Herkunft der Edelsteine oft nicht nachvollziehen lässt. Anlass zur Besorgnis geben gemäss Brancheninsidern unter anderem wichtige Diamantenmärkte wie China und Indien, deren Regierungen die westlichen Sanktionen gegen Russland nicht mittragen.

Nur sehr wenige Diamanten verbleiben während der gesamten Lieferkette in der Obhut einer einzigen Partei. Bei der Verarbeitung der Edelsteine sind oft mehrere Unternehmen beteiligt, wobei zwischen den einzelnen Arbeitsprozessen ein Handel stattfindet. Während dieses Prozesses werden Diamanten routinemässig in Pakete ähnlicher Grösse und Qualität gemischt, was die Rückverfolgung der Herkunft in vielen Fällen fast unmöglich macht.

Schärfere Kontrollen?

De Beers, das an rund 60 handverlesene Kunden verkaufe, sei bereits dabei, seine Standards zu verbessern, heisst es weiter. Das Unternehmen erwäge, seine Kontrollen zu verstärken, um sicherzustellen, dass die Lieferungen getrennt bleiben.