Das Collier «Sarafine» in Weissgold wird in den Haute-Joaillerie-Ateliers von Chanel mit Kulturperlen und Diamanten besetzt. (Bild: PD)

Das Collier «Sarafine» in Weissgold wird in den Haute-Joaillerie-Ateliers von Chanel mit Kulturperlen und Diamanten besetzt. (Bild: PD)

Im Gespräch

Der Kreativchef der Joaillerie von Chanel über Schmuck, Savoir-faire und Coco Chanel

Kim Dang Schmuck
Patrice Leguéreau ist als Kreativchef für die eindrücklichen Unikate der Haute-Joaillerie-Linie des Hauses Chanel zuständig. Ein Interview.

Das Atelier de Haute Joaillerie de Chanel an der Pariser Place Vendôme ist einer der Lieblingsorte von Patrice Leguéreau. Hier entwirft der Kreativchef seit 2009 die Schmuckkollektionen für Chanel. Wir trafen ihn anlässlich der Präsentation der diesjährigen Haute-Joaillerie-Kollektion «Le Paris Russe de Chanel».

Patrice Leguéreau, Kreativchef der Chanel-Schmuckstudios. (Alle Bilder: PD)

Patrice Leguéreau, Kreativchef der Chanel-Schmuckstudios. (Alle Bilder: PD)

Herr Leguéreau, was bedeutet eigentlich «Haute Joaillerie»?

Haute Joaillerie ist die hohe Kunst des Schmuckmachens und das nec plus ultra im Luxusbereich, was die Exklusivität, aber auch was die Preise angeht. Mich interessiert dabei vor allen Dingen die Exzellenz des Savoir-faire, der Materialien und der Technik.

Wie gehen Sie an eine neue Kollektion heran?

Bei Chanel basiert jede Kollektion auf der Historie der Maison. Für mich als Kreativchef der Schmucklinien ist es wichtig, für jede neue Kollektion ein neues Kapitel des historischen Erbes aufzuschlagen, ohne mich dabei zu wiederholen. Ich recherchiere im Archiv. Dann entsteht eine Idee, ich beginne zu zeichnen und entwickle ein Konzept. Das unterbreite ich meinem Designteam – und dann geht es an die Arbeit.

Collier «Roubachka» aus der diesjährigen Haute-Joaillerie- Kollektion «Le Paris Russe de Chanel».

Collier «Roubachka» aus der diesjährigen Haute-Joaillerie- Kollektion «Le Paris Russe de Chanel».

Was sind die Innovationen auf Ihrem Gebiet?

Es gibt nicht so viele wie etwa in der Kunst der Uhrmacherei. Die Haute Joaillerie ist zeitlos. Seit den Ursprüngen im alten Ägypten, als bereits mit Edelsteinen wie Diamanten, Lapislazuli oder Rubinen gearbeitet wurde, werden nur die wertvollsten, rarsten und komplexesten Materialien verwendet.

Seit den alten Ägyptern hat sich gar nichts verändert?

Doch.

Inwiefern?

Neue Technologien helfen etwa, das Optimum aus einem rohen Edelstein zu holen, die beste Grösse, die beste Farbe. Das Metier der Schmuckmacherkunst bleibt aber weiterhin sehr traditionell. Alles wird immer noch von Menschenhand hergestellt.

Collier «Aigle Cambon», in Weissgold, Quarz und Diamanten, aus der diesjährigen Haute-Joaillerie- Kollektion «Le Paris Russe de Chanel».

Collier «Aigle Cambon», in Weissgold, Quarz und Diamanten, aus der diesjährigen Haute-Joaillerie- Kollektion «Le Paris Russe de Chanel».

Wer arbeitet mit Ihnen?

Im Atelier an der Place Vendôme sind heute rund 25 Handwerker beschäftigt, unter ihnen viele junge Leute, die ich selbst ausgebildet habe. Das ist ein grosses Glück, wir stehen uns nahe und arbeiten sehr gut zusammen. An den Haute-Joaillerie-Kollektionen arbeiten wir zu dritt: eine sehr junge Frau, eine weitere, mit der ich seit zehn Jahren zusammenarbeite, und ich.

Gibt es während der Kreation auch Anproben wie in der Haute Couture?

Ja, natürlich, aber nicht an Models, sondern an Frauen aus dem Team. Unsere Kundinnen haben ja auch ganz unterschiedliche Körperformen.

Der Armreif aus Gelbgold und Platin wird mit gelben und weissen Diamanten besetzt.

Der Armreif aus Gelbgold und Platin wird mit gelben und weissen Diamanten besetzt.

Welcher ist Ihr Lieblingsedelstein?

Am meisten mit Chanel verbunden und die Basis jeder Chanel-Schmuckkollektion ist der Diamant. 1932 präsentierte Gabrielle Chanel ihre einzige Schmuckkollektion «Bijoux de Diamants».

Ihr Lieblingsschmuckstück aus dieser Kollektion?

Das bekannteste ist wohl das Collier «Comète». Es schmiegt sich wie ein Band um den Hals und funktioniert ganz ohne Verschluss. Ein für Gabrielle Chanel typischer Entwurf, weil er der Trägerin viel Bewegungsfreiheit schenkt.

Was bedeutet Ihnen Coco Chanel?

Sie inspiriert mich: Ihr kreativer Elan, ihre moderne Einstellung. Immer noch gibt diese Frau im Hause Chanel den Ton an, was die Haltung und den Stil anbelangt. Auch für mich persönlich. Jedes Mal, wenn ich für eine neue Kollektion in der Historie von Coco recherchiere, entdecke ich etwas Neues.

Gabrielle Chanel und der russische Großfürst Dmitri Pawlowitsch. Die beiden lernten sich im Jahre 1920 kennen.

Gabrielle Chanel und der russische Großfürst Dmitri Pawlowitsch. Die beiden lernten sich im Jahre 1920 kennen.

Wo spürt man sie in der jetzigen Kollektion «Le Paris Russe de Chanel»?

Im Einfluss Russlands auf das Werk und Leben von Gabrielle Chanel. Obwohl sie selbst dieses Land nie besuchte, hat sie sich von Paris aus davon ein Bild erträumt. Es ist also ein komplexeres Thema, weit mehr als eine simple figurative Idee. Neben Chanel-Insignien wie etwa der Weizenähre, der Sonne und dem Doppeladler fliessen Elemente der russischen Populärkunst und Folklore wie der Trachten ein. Dazu kommen Materialien wie das Email und ganz feine Metallperlen, wie sie im 19. Jahrhundert in Russland in Mode waren.

Die Kollektion lebt also stark von Kontrasten?

Gabrielle Chanel liebte Kontraste, wir bei Chanel lieben Kontraste. Sehr typisch für uns ist der Gegensatz Schwarz-Weiss. Stilistisch ist es der Mix von sehr puristischen und extrem üppigen Elementen.