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Nach 150 Jahren bleibt die Uhr stehen

Diamantbericht...Eine Ära geht zu Ende. Juwelier Fritz Koch(71)/82515 Wolfratshausen schließt seine Goldschmiede. Der Räumungsverkauf läuft.

Seit 150 Jahren gehört das Geschäft am Untermarkt 18 zum Bild der Loisachstadt. Kochs Urgroßvater – ebenfalls mit Vornamen Friedrich – absolvierte eine Lehre zum Silber- und Goldschmied. Nach zehnjähriger Wanderschaft kehrte er nach Wolfratshausen zurück und nahm eine Stelle bei der Witwe seines Lehrmeisters an – in eben jenem Gebäude, das bis auf den Tag das traditionsreiche Uhren- und Schmuckgeschäft beheimatet.

1872 übernahm Friedrich Koch den Betrieb und das Anwesen. Allerdings machte ihm wenig später die Gicht schwer zu schaffen. „Daher hat sein Sohn – ebenfalls ein Fritz –- das Geschäft 1902 übernommen“, so der heutige Geschäftsinhaber gegenüber unserer Zeitung.

Kochs Großvater hatte drei Kinder. Die beiden Söhne, Fritz und Alois, machten in Miesbach bei Meister Durneder eine Goldschmiedelehre. Der Ältere kam beim Juwelier Hemmerle unter, wo er 1938 die Leitung der Werkstatt übernahm. „Er hatte daher kein Interesse, nach Wolfratshausen zurück zu kehren, um das elterliche Geschäft weiter zu führen“, berichtet Fritz Koch. Daher übernahmen seine Eltern Alois und Maria die Geschäfte. Damals gab es neben der Goldschmiede am Untermarkt noch einen angrenzenden Hut- und Schuhladen. „Das war auch dem Zweiten Weltkrieg geschuldet, um so vorübergehend ein weiteres Standbein zu haben.“

Seit 1968 führt Fritz Koch die Familientradition weiter, wenngleich er eigentlich Musik studieren wollte. Koch sang in mehreren Chören und beherrscht diverse Instrumente. Doch das Handwerk obsiegte, der Kollege absolvierte eine Lehre und übernahm das Juweliergeschäft 1990 zusammen mit seiner Frau Ute. Seitdem gilt es als erste Anlaufstelle in Sachen Uhren und Schmuck. „Aber nicht nur, wir sind quasi ein Vollsortimenter“, sagt Koch und zeigt lachend auf Pillendöschen, Schlüsselanhänger und silberne Zahnstocher.

An die vergangenen Zeiten erinnert er sich gerne – auch wenn die Arbeit in der Regel dem Privatleben vorging. Koch gehört mit Otto-Ernst Holthaus und Guido Boodevaar zum Gründungsvorstand des Werbekreises Einkaufsstadt Wolfratshausen, der 1977 aus der Taufe gehoben worden ist. Zudem engagierte er sich bei der Feuerwehr Wolfratshausen. „Einmal stieß er, als der Alarm ertönte, fast eine Kundin um“, erinnert sich Ute Koch (65) und schmunzelt. „Die hielt ihn im ersten Augenblick für einen flüchtenden Räuber.“

Apropos: Das Juweliergeschäft war mehrmals das Ziel von Langfingern. „Einmal, es muss Ende der 1970er-Jahre gewesen sein, schaffte es einer, sich durch unser Scherengitter zu drängen“, so Fritz Koch rückblickend. Damals hatte die Familie einen Dackel. „Es war die Zeit, zu der der Hund abends noch einmal raus durfte.“ Der Vierbeiner entdeckte den Einbrecher, der bereits mit Hammer und Brecheisen vor der Eingangstür stand, bellte ihn an – und biss ihn kurzerhand in die Wade.

Auch wenn das Ehepaar Koch ab nächstem Jahr offiziell Rentner ist, die Arbeit ist damit nicht beendet. „Wir werden das Haus umbauen“, verrät Ute Koch. „Damit einer unserer Söhne und seine Familie mit einziehen können.“