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Marktlücke

Fair-Trade-Edelsteine, Heimatschmuck, Selbermach-Kurse: Franziska Rabener(28)/58642 Iserlohn will eine Marktlücke füllen. Sie hat in ihrem heutigen Wohnort Dortmund einen selten gewordenen Beruf erlernt und ist jetzt Gold- und Silberschmiedin. „Freunde haben mich schon für verrückt erklärt, mitten in der Corona-Krise ein Geschäft aufzumachen“, scherzt die junge Kollegin.

Hinter dieser Entscheidung steht jedoch voller Ernst: In der 11. Klasse habe sie überlegt Design zu studieren und sich bei der Suche nach verwandten praktischen Tätigkeiten in den Beruf verliebt. „Nach einer Woche habe ich gemerkt: Das ist mein Traumberuf. Zum Glück haben mich meine Eltern unterstützt“, merkt sie an. Denn obwohl die Arbeit mit kostbaren Metallen und Edelsteinen ein luxuriöses Einkommen suggeriert, ist der Weg in den Beruf in einem ganz anderen Sinne steinig: „Ich habe im ersten Lehrjahr mit 205 Euro im Monat angefangen, das war noch vor der Einführung des Mindestlohns. Dadurch ist die Ausbildung wieder etwas attraktiver geworden“, berichtet Franziska Rabener.

Durch das Verschwinden der alteingesessenen Goldschmiede, von denen in den 70er Jahren sogar vier gleichzeitig in Letmathe bestehen konnten, sieht die 28-Jährige eine Marktlücke: „Das Interesse ist groß, bislang läuft es besser als erwartet.“ Zusammenhängen könnte das mit der nicht alltäglichen Mischung aus traditionellen, stellenweise fast musealen Arbeitsweisen und einem progressiven Gesamtkonzept. Letzteres macht sich schon beim Betreten des Ladens bemerkbar: reduziertes Design, Vogelgezwitscher aus Lautsprechern und hinterm Tresen eine offene Werkstatt – wie in einem hippen Restaurant. „Ich möchte nicht im Hinterzimmer arbeiten, die Leute sollen zusehen können“, erklärt Franziska Rabener.

Bei der Schmuckherstellung und Reparaturen kommt hier wenig elektrischer Strom zum Einsatz. Die 28-Jährige lötet zum Beispiel mit einer Gasflamme, deren Sauerstoffzufuhr über einen Mundschlauch reguliert wird. Auch die Schmelztemperatur von Gold, je nach Legierung um die 1046 Grad Celsius, kann sie ohne offenes Feuer erzeugen – deshalb gibt es in ihrer Schmiede auch keinen Qualm.

Die Tätigkeit erlebt eine kleine Renaissance, ist die heimatverbundene Letmatherin überzeugt: „Die Leute wollen wieder Handgemachtes aus lokaler Fertigung, individuelle Stücke. Auch fair gehandelte Edelsteine werden immer wichtiger.“ Ihre „Lenne-Perlen“, geschliffen aus Steinen, die sie am Flussufer sammelt, hat sie sich bereits patentieren lassen. Eine dezentere Alternative zum Ring mit Stadtwappen, erklärt sie. Mit Kursen, bei denen sich Verlobte gegenseitig Ringe schmieden, will sie die Selbermachen-Bewegung bedienen – und so bald wie möglich auch einen Ausbildungsplatz anbieten. Als ihren persönlichen Edelsteinfavoriten nennt sie Turmalin-Kristalle: „Die gibt es in allen Farben, stellenweise variieren die mit der Wuchsrichtung – das ist sehr spannend.“