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Mandela-Büste: Rückkehr eines Meisterwerks

Jetzt steht die wertvolle Büste im Museum der Meißener Porzellan-Stiftung: Vor knapp zehn Jahren schweißte Tom Rucker die Gesichtszüge Nelson Mandelas mit einem speziellen Mikrolasergerät zusammen – aus rund 100 000 0,18 Millimeter dünnen Platindrähten. Für die Augen verwendete er schwarze Diamanten, der Kopf ist aus Meißner Porzellan.

Doch die eigentliche Herausforderung begann schon früher – im Jahr 2008. Rucker suchte gerade nach neuen Aufgaben. Bis dahin hatte der Goldschmied in vierter Generation, der sich selbst als Künstler sieht, bereits zahlreiche internationale Preise gewonnen. Doch er wollte mehr als nur Ohrringe, Armreifen und Halsketten anfertigen – Schmuckstücke, die bei ihm gerne an die 30 000 Euro kosten. „Ich hatte die Idee, die Büste einer Persönlichkeit zu schaffen, die die Weltgeschichte geprägt und positiv beeinflusst hat,“ sagt er.

Er reiste für einen Urlaub nach Kapstadt, der zweitgrößten Stadt Südafrikas. „Naiv wie ich war, übernachtete ich für ein paar Tage in einem Township“, einer jener Siedlungen, wo ausschließlich schwarze Familien leben, häufig in einfachen Wellblechhütten, separiert von der weißen Elite. Dort wo die Diskriminierung zwei Jahrzehnte nach Ende der Apartheid immer noch spürbar war. Rucker fragte dort eine Gruppe von Kindern, die gerade Fußball auf der Straße spielte, wer ihr Held sei: „Nelson Mandela.“ Da waren sie sich einig.

Die Idee stand, auch Sponsoren. Das Problem: Ihm fehlte die Einwilligung der Familie Mandelas. „Ich hätte sie nicht unbedingt gebraucht, aber für mich war es unglaublich wichtig, ihnen meinen Plan mitzuteilen“, erzählt Rucker. Aber wie sollte er das anstellen?

Präsident Zuma: „Du kannst mich Jacob nennen, mein Freund.“

„Ich ging einfach in das Konsulat Südafrikas in München“, erzählt er, „die schauten mich seltsam an und sagten, ich solle in drei Monaten wiederkommen.“ Doch Rucker ist niemand, der schnell aufgibt. Eine Viertelstunde später saß er bei der Konsulin. Mit ihr hatte er eine wichtige Kontaktperson aus Südafrika.

Er reiste erneut nach Südafrika. Dort lernte er eine Ministerin kennen. Am nächsten Tag saß er bei Jacob Zuma im Büro – dem damaligen Präsidenten Südafrikas. „Du kannst mich Jacob nennen, mein Freund“, begrüßte ihn Zuma. Sie plauderten lange, aber Zuma konnte Rucker auch keine Einwilligung der Familie Mandela geben.

Ein persönlicher Moment mit Nelson Mandela

Doch Rucker blieb hartnäckig. Nach und nach lernte er Enkel und nahe Verwandte von Mandela kennen, irgendwann nahmen sie ihn mit zu dessen Privathaus nach Qunu. „Ich habe nie gedacht, dass ich ihn sehen würde“, erzählt Rucker. Immer wieder wurde ihm zuvor gesagt, dass der Präsident schon zu alt für ein Treffen wäre. Doch in einer Ecke saß er dann, der Kämpfer gegen die Apartheid, der erste schwarze Präsident Südafrikas, der Friedensnobelpreisträger, gebrechlich und grau. In der andern Ecke stand ein ausgestopfter weißer Löwe. An der Wand hingen Speere. Nur ein Moment, die beiden wechselten kaum ein Wort. „Es war unglaublich, aber doch so normal“, erinnert sich Rucker.

Zurück in Ottobrunn machte er sich an die Arbeit. Zwischenzeitlich beteiligte sich die Bayerische Staatsregierung an dem Projekt. Enthüllt wurde die Büste dann 2012 in Kapstadt, etwas mehr als ein Jahr vor Mandelas Tod. Einige Jahre blieb sie in Südafrika. Dann verstaute sie Rucker in einer Kiste in seinem Kleiderschrank in London, wo er lange lebte. Vor einigen Jahren nach dem Tod seines Vaters kehrte er zurück in die alte Heimat nach Ottobrunn.

Zum 100. Geburtstag des Widerstandskämpfers fragten Museen an.

Eigentlich hatte Tom Rucker mit dem Kapitel Mandela bereits abgeschlossen, doch zum 100. Geburtstag des Widerstandskämpfers vor zwei Jahren kehrte das öffentliche Interesse zurück. „Ich hatte viele Angebote von renommierten Museen“, sagt Rucker, „aber ich wollte unbedingt, dass sie in Meißen zu sehen ist.“ Die altehrwürdige Porzellanmanufaktur in Meißen hatte damals den Hinterkopf der Büste angefertigt, es war quasi ein gemeinsames Projekt. Nun ist sie im Museum der „Meissen Porzellan-Stiftung“ zu sehen. Den Künstler erfüllt es mit Stolz, sein Herzensprojekt nach so vielen Jahren in einem deutschen Museum zu sehen.