Streit um 137 Karat

Diamantbericht...Ein Jahrhundert lang blieb das Geheimnis bewahrt: Der legendäre Habsburg-Schatz mit dem berühmten gelben Diamanten tauchte in einem kanadischen Bankschließfach wieder auf.

Nach einem Jahrhundert des Verschollenseins ist der legendäre Familienschmuck der Habsburger wieder aufgetaucht – nicht etwa in Europa, sondern in Nordamerika. Wie Karl Habsburg dem „Spiegel“ mitteilte, befanden sich die wertvollen Stücke, darunter der berühmte gelbe Diamant „Florentiner“, die ganze Zeit über in einem Bankschließfach in Kanada. Seine Großmutter, Kaiserwitwe Zita, hatte die kostbaren Juwelen vor Jahrzehnten dorthin in Sicherheit gebracht. Mit dieser Enthüllung wurde ein lange gehütetes Familiengeheimnis gelüftet.

Kurz vor dem Zusammenbruch der Monarchie im November 1918 veranlasste Kaiser Karl I. den Transport des Familienschmucks von der Wiener Hofburg in die Schweiz. Die Sammlung umfasste neben dem imposanten 137-Karat-Diamanten auch die Diamantkrone von Kaiserin Elisabeth sowie eine wertvolle Smaragduhr, die einst als Geschenk von Maria Theresia an Marie-Antoinette ging, und diverse andere Kostbarkeiten. Nach 1921 verlor sich jede Spur der Preziosen. Zita floh nach dem Tod ihres Gemahls 1922 mit ihrer Familie vor den politischen Umwälzungen in Europa und fand nach Aufenthalten in Spanien, Belgien und Portugal schließlich Zuflucht in Kanada.

Während jahrzehntelang Spekulationen über den Verbleib des „Florentiners“ kursierten – darunter Theorien über Diebstahl oder Zerteilung des Edelsteins – transportierte Zita die Juwelen tatsächlich persönlich in einem schlichten braunen Koffer nach Kanada, wie Karl Habsburg nun offenlegte. Das Versteck befindet sich in Québec. Der Wiener Juwelier Christoph Kochert, der die in Kanada entdeckten Schmuckstücke begutachtete, bestätigte deren Authentizität. Laut „New York Times“ erklärte Kochert: „Sein Schliffmuster entspricht nahezu exakt den Darstellungen in historischen Quellen.“ Dem „ORF“ gegenüber äußerte er: „Mir war von Anfang an klar, das ist der Florentiner.“

Zita hatte verfügt, dass ihre Nachkommen erst ein Jahrhundert nach dem Ableben Kaiser Karls I. die Öffentlichkeit über die Existenz der Schmuckstücke informieren sollten. Innerhalb der Familie Habsburg waren stets nur ein oder zwei Personen in das Geheimnis eingeweiht. „Es war von Anfang an so geregelt, das hat meine Großmutter damals so eingerichtet“, erläuterte Karl Habsburg im „Ö1 Journal“. Er selbst erfuhr erst vor zwölf Monaten davon.

Der „Florentiner“ gehörte ursprünglich den Medici (italienische Herrscherfamilie) und kam durch die Vermählung Franz Stephans von Lothringen mit Maria Theresia in habsburgischen Besitz. Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) kündigte inzwischen an, mögliche Eigentumsansprüche der Republik prüfen zu lassen. „Falls sich herausstellt, dass der Florentiner Diamant Eigentum der Republik Österreich ist, werde ich den Prozess zur Rückholung des Juwels einleiten“, erklärte Babler. Sein Büro habe bereits Kontakt mit der österreichischen Vertretung in Kanada aufgenommen.

Die Familie Habsburg vertritt hingegen die Position, dass der Schmuck aus juristischen Gründen nicht von der damaligen Enteignung betroffen sei, da sich die Preziosen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Enteignungsgesetzes bereits in der Schweiz befanden. Karl Habsburg betont zudem, es handle sich um reines Privateigentum.

Die wiedergefundenen Kostbarkeiten sollen demnächst öffentlich ausgestellt werden – allerdings zunächst in Kanada. „Das ist eine Geste an Kanada, das Zita nach ihrer Flucht eine Heimat gegeben hat“, erläuterte Karl Habsburg. Ob die Sammlung dauerhaft in Kanada verbleibt, ist derzeit offen. Eine Rückkehr nach Österreich ist aktuell nicht geplant. Der materielle Wert der Schmuckstücke sei laut Karl Habsburg aufgrund ihrer historischen und kulturellen Bedeutung nicht zu beziffern.

Eine Veräußerung der Objekte wird ausgeschlossen. Einige Stücke der Sammlung, darunter die Diamantkrone von Kaiserin Elisabeth, fehlen allerdings – ihr Verbleib ist nach wie vor ungeklärt.