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Carl Thomass/München saniert

Werner Blessing-Nagler(55), Juwelier Carl Thomass/80331 München: "Wir bauen um". Zur Coronazeit ein großes Risiko – und eine große Chance.Das Juwelier- und Goldschmiedegeschäft Carl Thomass/80331 München an der Ecke des Marienplatzes hat in über 170 Jahren so einiges mitbekommen.

Seit Beginn der Coronakrise funkeln allerdings keine Edelsteine mehr im Schaufenster am Marienplatz 1. Kein junges Paar lässt sich in der Werkstatt im Obergeschoss Trauringe anpassen und das Licht in den Vitrinen bleibt nachts aus. Das einzige Funkeln, das durch den Bauzaun nach außen dringt, kommt von den großen Schweißgeräten, die sich an der Tür zu schaffen machen. Der Grund dafür ist allerdings ein erfreulicher: "Wir bauen um", sagt Mitinhaberin Sibylle Blessing-Nagler stolz. Seit drei Jahren leitet sie an der Seite ihres Mannes Werner das Geschäft Carl Thomass.

Der Goldschmiedemeister hatte 2017 das Juweliergeschäft übernommen, in dem er zuvor 30 Jahre lang die Werkstatt geleitet hatte. Für das Geschäft ist es der erste Umbau seit Ende des Zweiten Weltkriegs – und für die Blessingers eine große Investition in einer unsicheren Zeit.

Von außen sieht das Geschäft aus, wie gewohnt. Der 50er Jahre Leuchtschriftzug "Carl Thomass" hängt über der Tür, die alten Eisengitter verdecken die Schaufenster. "Hier bleibt alles wie gewohnt", sagt Werner Blessing. Die Fassade des Gebäudes ist denkmalgeschützt. Im Inneren wird aber eifrig gearbeitet. Im Hinterzimmer bauen Schreiner eine Regalwand auf, im Vorraum schweißt ein Handwerker an der Eingangstür.

Wo früher dunkle Regale standen, sind nun weiße Wände, die damals sehr tiefhängende Decke ist nun einen guten halben Meter höher. Das einzige, was aus dem alten Laden bleibt, ist ein Stuckrelief aus den 50er Jahren. "Es zeigt Leute, die Schmuck kaufen, von der Antike bis in die Moderne", erklärt Sybille Blessing-Nagler. "Für die Neueröffnung wurde es aufwendig restauriert." Noch ist es mit einer Plastikplane verhangen.

Seit zwei Jahren planen die Inhaber die große Renovierung. Alles war vorbereitet, das Konzept und der Zeitplan standen – und dann kam Corona. "Das war schon erstmal ein Schock", sagt Blessing-Nagler. "Spontan wollten wir die Renovierung aufschieben. Aber unsere Architekten haben uns Mut gemacht und gesagt: Wenn ihr es jetzt nicht macht, dann macht ihr es vielleicht nie."

Eine Sorge war, dass ein Handwerker krank würde und alle unter Quarantäne gestellt werden müssten. "Doch das ist glücklicherweise nicht passiert", sagt Blessing-Nagler erleichtert. Allerdings verzögerte sich der Umbau – fast um einen ganzen Monat. "Es wurde vieles wegen Corona zu spät angeliefert."

Auch den kleinen Laden nebenan, in dem sie und ihr Mann während des Umbaus weiter Schmuck verkaufen wollten, konnten sie wegen Corona nicht nutzen. Auch als der Umbau losging, gab es Probleme: Die Abwasserleitungen mussten erneuert werden, die Elektrik war teils noch aus der Vorkriegszeit. "Aber so ist das nun mal bei einem alten Haus", sagt Blessing-Nagler. Was eigentlich als zügige Renovierung geplant war, wurde zur langwierigen Sanierung. "Jetzt wo es fertig wird", sagt Blessing-Nagler beim Rundgang durch den Laden stolz, "sind wir froh, dass wir es gemacht haben."

Nun hofft sie, dass nach dem Umbau bald wieder Kunden kommen. "Die Menschen sind natürlich noch nicht wirklich in Kauflaune. Und einige haben jetzt vielleicht weniger Geld zur Verfügung", glaubt die Geschäftsfrau. Sie ist dennoch sehr zuversichtlich. Die Eröffnung planen sie und ihr Mann für den 26. Juni – wegen Corona ohne große Feier.

Vor dem Umbau hatte ihr Mann eine große Weltkarte geschenkt bekommen. Diese will Blessing-Nagler in die neue Werkstatt hängen, wenn endlich alles fertig ist, und darauf einzeichnen, wohin in die Welt sie und ihr Mann überall ihren Schmuck verkauft haben – wenn dann hoffentlich bald wieder Touristen und Münchner in ihrem Traditionsgeschäft einkaufen gehen.