Enteignung der Sparer

und stellen eine gesetzwidrige Enteignung dar? Die Frage ist von einiger Relevanz: Unter teils beschönigenden Namen wie „Guthabengebühr“ oder „Verwahrentgelt“ verlangen mittlerweile 553 Banken in Deutschland Negativzinsen, davon 525 auch von Privatkunden.  Das Phänomen ist vergleichsweise jung, es ärgert viele Betroffene und spaltet die Gesellschaft. Die Menschen wollen sich nicht an die Negativzinsen gewöhnen, und sie sollten es auf keinen Fall. Vor dem Jahr 2014 hat es zwar oft Phasen gegeben, in denen die Zinsen nach Abzug der Inflation negativ waren. Negative Nominalzinsen für Sparer aber hatten viele für unmöglich gehalten. Warum sollte jemand Geld zur Bank bringen, wenn er dafür zahlen muss? Heute weiß man es besser. Es gibt zwar Einzelne, die nun ihr Geld daheim bar im Tresor aufbewahren. Aber die Masse macht das nicht. Die Sparernation Deutschland ist dem Sparen auch in Zeiten von Strafzinsen treu geblieben. Waren es anfangs eher vermögende Bankkunden, die betroffen waren, hat sich dies mit der Absenkung der Freibeträge fast umgekehrt. Viele Vermögende haben ihr Geld raffiniert umgeschichtet. So Normalsparer dagegen kapituliert vor den Negativzinsen In einem Urteil hat jetzt das Landgericht Berlin die Negativzinsen der örtlichen Sparda-Bank gekippt. Die Bank wollte von 25 000 Euro an auf dem Girokonto Negativzinsen und von 50000 Euro an auf dem Tagesgeldkonto. Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Gericht erklärte die entsprechenden Klauseln für unwirksam, die Bank soll den Kunden das Geld zurückzahlen. Rechtswirksam ist das Urteil noch nicht, die Bank will Berufung einlegen. Das Verfahren ist auch nur eines von vielen, in denen gerade über die rechtlichen Grenzen von Negativzinsen verhandelt wird. Vor dem Landgericht Frankfurt etwa soll ihre Zulässigkeit speziell auf das Sparbuch geklärt werden.

Zweifellos interessant ist aber die Argumentation des Berliner Landgerichts. Es beruft sich für seine Ablehnung von Verwahrentgelten auf die gesetzliche Definition eines Darlehensvertrags im Paragraph 488 BGB. Dort könne man nachlesen, in welche Richtung Zinsen zu fließen hätten: vom Darlehensnehmer zum Darlehensgeber. Vereinfacht sei auch eine Einlage eines Kunden bei einer Bank nichts anderes als ein Darlehen. Der Kunde leiht der Bank Geld. Dafür könne er Zinsen empfangen, aber er müsse sie nicht zahlen. Dem Kunden müsse Betrag verbleiben, den er eingezahlt habe. Diese Regel werde durch das Verwahrentgelt umgangen. Mindestens die Hoffnung für alle, die sich über Negativzinsen ärgern? Ob sich diese Rechtsauffassung durchsetzt ist unklar. Zuletzt hat das Landgericht Leipzig, früher auch schon das Landgericht Tübingen, anders geurteilt. Bemerkenswert dabei: Das Gericht in Leipzig führte zugunsten der Banken genau den Umstand an, mit dem diese ihre Verwahrentgelte rechtfertigen: die Negativzinsen, die Banken ihrerseits bei der EZB zahlen müssen. Die Banken sind von der EZB natürlich abhängig. Eine Mitverantwortung für die Verwahrentgelte aber können sie nicht abstreiten, In Geschäftsberichten finden sich Belege, dass manche Banken sogar mehr Negativzinsen von Kunden einnehmen, als sie selbst zahlen. Sie holen sich also nicht nur die Negativzinsen der EZB von ihren Kunden zurück. Allein die Tatsache, dass die Negativzins-Regelungen nicht überall gleich sind, zeigt: Es handelt sich um geschäftspolitische Entscheidungen der Banken und die führen am Ende tatsächlich zu der Ungeheuerlichkeit, dass Sparer für ihr Erspartes zur Kasse gebeten werden. Also besser in sein Warenlager zu investieren.