Artikel von Robert Brachfeld

Wenn zwei sich streiten...

Die Frage ist also: woher genau kommt es, dass Kunden immer mehr zu Imitaten und Synthesen neigen und wie wirkt man dem entgegen? Ein wichtiger Grund für die Kaufentscheidung vieler Kunden zu den unechten Steinen ist der große Preisunterschied. Der zweite Grund ist die Angst vor dem Verlust oder Diebstahl vom echten Schmuck. Auch die Kosten für die Versicherung sind höher. Die Imitate und auch Synthesen werden unter Fantasienamen verkauft, die sehr ähnlich wie die echten Bezeichnungen klingen. Diagem, Diamanite, Diamonique, Diamone, Diamonflame sind nur einige von vielen. Eine umfangreiche Sammlung und Erklärungen dieser Imitate habe ich in meinem Buch „Reich mit Diamanten“ zusammengestellt.

Neue Käuferinnen

Es gibt Schultüten für die Einschulung. Geschenke für die Taufe, Kommunion und Firmung. Es gibt den Geburts- und Namenstag- ganz zu schweigen vom Valentinstag, der Verlobung und der Hochzeit. Es gibt Weihnachten und Ostern  und unzählig mehr Anlässe, an denen Kunden ihre Liebsten mit etwas Besonderem beschenken wollen. Doch einer dieser Anlässe wird oft vergessen: Der Einstieg ins Berufsleben. Für viele beginnt damit ein neuer Lebensabschnitt, Unabhängigkeit, Selbstverwirklichung. Der Wunsch, diesen Einschnitt im Leben symbolhaft mit Schmuck „festzuhalten“, ist groß. Das hat eine anonyme Straßenumfrage unter Berufseinsteigerinnen (Altersgruppe zwischen 25 und 35 Jahre) in der Frankfurter Innenstadt ergeben.

Nicht gefährdet!


Die meisten Kollegen sehen ihr Geschäft durch den Schmuck-An- und Verkauf nicht gefährdet. Was sie viel eher befürchten, ist der Online-Handel, der vermehrt auch mit Beratungs- und Service-Angeboten für sich wirbt. Während die einen darauf hoffen, dass das Internet-Geschäft ein vorübergehendes Phänomen ist, suchen und vertiefen sich die anderen in das Gespräch mit ihren Kunden, um ihnen die Vorzüge des Handwerks wieder zu verdeutlichen. Denn oft sei es für die Verbraucher ein verlustiges Geschäft das Gold zu verkaufen. Will man später doch noch Schmuck haben, muss man den Erlös für den Alten in etwas Neues investieren.

Expertise & Arbeitsteilung

Die sog. „Selbstmach-Mode“ von Kunden nimmt zu. Damit produktiv umzugehen, heißt, gemeinsam mit dem Kunden zu basteln, ihn nicht an den Online-Handel, wo er auf sich alleine gestellt ist, zu verlieren. Denn das einzige, was sich innerhalb der letzten Jahre verändert hat, ist: die Bleistiftskizze wurde durch den Maus-Cursor und CAD-Programme ersetzt- ähnlich wie in der Schule nicht mehr mit Kreide auf die Schiefertafel, sondern mit dem Finger auf dem Touch-Screen geschrieben wird. Was aber geblieben ist und bleiben wird, ist das Vertrauen zwischen Kunde und Experte, zwischen Schüler und Lehrer. Das bleibt zumindest solange bestehen, wie die Kollegen die Kunden nicht sich selbst überlassen, sondern sie in den Entstehungsprozess ihrer Produkte einbeziehen- selbst wenn der immer digitaler wird.

Internet

Zugegeben: Die Welt ist durch das Internet transparenter geworden. Das hat viele Vorteile, aber auch Nachteile. Einer davon ist sicher, dass jeder Kunde glaubt, sich vor einem Einkauf schnell über Preise informieren zu können. Aber seit wann ist der Kunde ein Fachmann? Kennt sich der Kunde denn so gut aus, dass er den Internet-Diamanten mit einem aus dem Fachgeschäft in Bayern überhaupt vergleichen kann? In Wirklichkeit war der Ring aus dem Verkaufs-TV ein Zehntel des durchgestrichenen Preises wert.